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Guidelines und Standards

WCAG (Web Content Accessibility Guidelines)

Die WCAG sind der international anerkannte Standard für Web-Barrierefreiheit. Entwickelt vom World Wide Web Consortium (W3C), definieren sie, wie Webinhalte für Menschen mit Behinderungen zugänglicher gemacht werden können. Die Richtlinien basieren auf vier fundamentalen Prinzipien:

Wahrnehmbar (Perceivable): Informationen und Bestandteile der Benutzeroberfläche müssen so darstellbar sein, dass Nutzer sie wahrnehmen können (z.B. durch Alternativtexte für Bilder).

Bedienbar (Operable): Bestandteile der Benutzeroberfläche und die Navigation müssen bedienbar sein (z.B. alles muss per Tastatur erreichbar sein).

Verständlich (Understandable): Informationen und die Bedienung der Benutzeroberfläche müssen verständlich sein (z.B. durch klare Sprache und konsistente Navigation).

Robust (Robust): Inhalte müssen robust genug sein, damit sie von einer Vielzahl von Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, zuverlässig interpretiert werden können.

Die WCAG haben drei Konformitätsstufen: A (minimal), AA (akzeptabel und am häufigsten gefordert) und AAA (höchste Stufe).

eCH-0059: Schweizer Standard

Für die Schweiz, insbesondere für Behörden und öffentlich-rechtliche Organisationen, ist der eCH-0059 Standard massgebend. Er referenziert direkt die WCAG (aktuell Version 2.1) auf der Konformitätsstufe AA. Das bedeutet, dass öffentliche Stellen in der Schweiz gesetzlich verpflichtet sind, ihre digitalen Angebote gemäss diesen Kriterien barrierefrei zu gestalten.

WAI-ARIA (Web Accessibility Initiative – Accessible Rich Internet Applications)

WAI-ARIA ist eine technische Spezifikation, die dazu dient, dynamische Webinhalte und komplexe Benutzeroberflächen (wie z.B. aufklappbare Menüs, Slider oder Drag-and-Drop-Funktionen) für assistive Technologien wie Screenreader zugänglich zu machen. ARIA ergänzt HTML, indem es Entwicklern erlaubt, Rollen, Zustände und Eigenschaften für Elemente zu definieren, die von Natur aus keine semantische Bedeutung haben. Es schliesst die Lücke zwischen Standard-HTML und komplexen Webanwendungen.

PDF/UA (Universal Accessibility)

Der PDF/UA-Standard (ISO 14289) ist das Pendant zu den WCAG für PDF-Dokumente. Er stellt sicher, dass PDF-Dateien so strukturiert sind, dass sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. Das bedeutet unter anderem, dass sie eine logische Lesereihenfolge haben, Bilder Alternativtexte besitzen und Formularfelder korrekt ausgezeichnet sind.

Tools zur Überprüfung und Umsetzung

Diese Werkzeuge helfen Entwicklern, Designern und Redakteuren, die Barrierefreiheit ihrer digitalen Produkte zu testen und zu verbessern.

Screenreader

Screenreader sind die wichtigste assistive Technologie für blinde und stark sehbehinderte Menschen. Sie lesen den Bildschirminhalt vor. Das Testen mit ihnen ist unerlässlich, um die tatsächliche Nutzererfahrung zu verstehen.

NVDA (NonVisual Desktop Access): Ein kostenloser und sehr verbreiteter Open-Source-Screenreader für Windows.

JAWS (Job Access With Speech): Der kommerzielle Marktführer für Windows, bekannt für seine umfangreichen Funktionen.

VoiceOver: Der in alle Apple-Betriebssysteme (macOS, iOS) integrierte Screenreader.

TalkBack: Der integrierte Screenreader für Android.

Automatisierte Test-Tools und Browser-Erweiterungen

Diese Tools scannen eine Webseite und heben potenzielle Barrierefreiheitsprobleme hervor.

WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool): Entwickelt von WebAIM, ist dies eines der beliebtesten kostenlosen Tools. Es injiziert Symbole direkt in die Webseite, um Fehler, Kontrastprobleme und ARIA-Attribute visuell darzustellen.

axe DevTools von Deque: Eine leistungsstarke Browser-Erweiterung, die Entwickler direkt in den Entwicklertools des Browsers nutzen können. Sie findet viele Fehler automatisch und gibt klare Anleitungen zur Behebung.

Google Lighthouse: In den Chrome DevTools integriert, bietet Lighthouse einen grundlegenden Accessibility-Audit.

Spezialisierte Prüf-Tools

Colour Contrast Analyser: Ein unverzichtbares Werkzeug (als App oder Web-Tool verfügbar), um sicherzustellen, dass die Kontrastverhältnisse zwischen Text- und Hintergrundfarben den WCAG-Anforderungen entsprechen (mindestens 4.5:1 für normalen Text auf Stufe AA).

PDF Accessibility Checker (PAC): Ein kostenloses Tool der PDF/UA Foundation, das PDF-Dokumente auf Konformität mit dem PDF/UA-Standard prüft. Es ist das Standardwerkzeug zur Validierung von barrierefreien PDFs.

Ressourcen und Anleitungen

Diese Webseiten und Dokumente bieten vertiefende Informationen, Tutorials und praktische Checklisten.

W3C WAI (Web Accessibility Initiative) Resources

Die WAI-Website ist die primäre Quelle für alle offiziellen Dokumente, Erklärungen und Tutorials rund um Web-Barrierefreiheit.

How to Meet WCAG (Quick Reference): Ein filterbares Nachschlagewerk, das alle WCAG-Erfolgskriterien mit detaillierten Erklärungen und Techniken zur Umsetzung auflistet. Ein absolutes Muss für jeden, der sich mit dem Thema beschäftigt.

Accessibility Developer Guide

Der Accessibility Developer Guide von MDN (Mozilla Developer Network) ist eine hervorragende, praxisorientierte Ressource, die Entwicklern konkrete Code-Beispiele und Anleitungen bietet, um barrierefreie Komponenten und Webseiten zu erstellen.

WebAIM (Web Accessibility in Mind)

WebAIM ist eine der führenden Organisationen im Bereich der digitalen Barerefreiheit. Ihre Webseite bietet eine Fülle von Artikeln, Tutorials, Umfragen (z.B. zur Screenreader-Nutzung) und das bereits erwähnte WAVE-Tool.

Accessibility Checkliste (a11y.digitaldialog.swiss)

Diese von der Stiftung "Zugang für alle" entwickelte, praxisorientierte Checkliste ist speziell auf die Schweiz ausgerichtet. Sie übersetzt die WCAG-Kriterien in verständliche und überprüfbare Checkpunkte und ist ein hervorragendes Werkzeug für Audits und Qualitätssicherung. Zur Checkliste gibt es auch eine detaillierte Testspezifikation GitHub - Access4all/a11y-checklist, welche aber noch nicht integriert ist.